Der gesamte hochfrequente elektrische Strom der über die monopolare aktive Elektrode in den Patienten
hineinfließt, muß über die neutrale Elektrode vom Patienten abgeleitet werden, um so über das Kabel der
neutralen Elektrode zum Chirurgiegerät zurück zufließen.
Der einwandfreie Zustand der neutralen Elektrode einschließlich der Kabel und Stecker, sowie das
richtige Anlegen der neutralen Elektrode an den Patienten sind Voraussetzung für die einwandfreie
Durchführung der Hochfrequenzchirurgie.
Wird die Befestigung der neutralen Elektrode am Patienten vergessen oder falsch vorgenommen, so fließt
der Strom über zufällige Kontakte des Patienten mit elektrisch leitfähigen Gegenständen, z.B. Operationstisch,
Halterungen, Teile anderer Geräte, feuchten Tüchern. etc., vom Patienten ab, wobei infolge der relativ kleinen
Kontaktflächen die Stromdichte so groß sein kann, daß Verbrennungen möglich sind.
Bei der Anwendung der Hochfrequenzchirurgie können am Patienten schwere Verbrennungen entstehen, die bei Kenntnis der Ursachen vermeidbar sind. Sowohl für die vorbeugenden Maßnahmen gegen Verbrennungen als auch für die Begutachtung von Verbrennungen ist es zweckmäßig, die Ursachen in drei Ursachengruppen zu differenzieren:
Endogene Verbrennungen entstehen infolge zu hoher Stromdichte im Gewebe des Patienten. Während an der aktiven
Elektrode hohe Stromdichten erforderlich sind um das Gewebe zu koagulieren oder zu schneiden, darf die
Stromdichte an der neutralen Elektrode oder an zufälligen Kontakten des Patienten mit elektrisch leitfähigen
Gegenständen nicht so hoch sein. Ansonsten kann das Gewebe an diesen Stellen thermisch geschädigt werden.
Mindestgröße der elektrisch leitfähigen Fläche AV in Abhängigkeit von der maximalen verwendeten HF-Leistung PHF .
Die effektiv elektrisch leitfähige Fläche der neutralen Elektrode ist die Fläche der neutralen Elektrode,
die tatsächlich gut auf der Haut des Patienten anliegt.
Die effektive Fläche Aeff der neutralen Elektrode ist kleiner als die verfügbare Fläche AV wenn:
Hat der Patient während der HF-Chirurgie Kontakt zu elektrisch leitfähigen Gegenständen, wie z.B. Metallteile
des OP-Tisches, Infusionsständer, nicht gut isolierten Bein- oder Armstützen des OP-Tisches, anderen
technischen Geräten, aber auch mit elektrisch leitfähigen feuchten Tüchern etc., so kann über diese
Kontakte, insbesondere wenn die neutrale Elektrode nicht gut am Patienten appliziert ist, hochfrequenter
elektrischer Strom mit hoher Stromdichte fließen und Verbrennungen erzeugen. Als Isolation sind trockene
Tücher aus antistatischem Zellstoff geeignet.
Es ist daher ganz wichtig, daß der Patient während der HF-Chirurgie gut gegen alle elektrisch leitfähigen
Gegenstände isoliert ist.
BITTE BEACHTEN: Ist der Patient gegen alle elektrisch leitfähigen Teile isoliert?
Exogene Verbrennungen entstehen durch die Hitze der Flamme brennbarer Flüssigkeiten, Gase und Dämpfe
(z.B. Hautreinigungungs-, Desinfektions- oder Narkosemittel, aber auch endogener Gase), wenn diese durch
die Funkenbildung, die zwischen aktiver Elektrode und Gewebe unvermeidlich ist, gezündet werden. In den
meisten Fällen brennt die Flamme dieser Mittel farblos ab, so daß sie insbesondere im hellen Licht der
OP-Lampe nicht rechtzeitig bemerkt wird. Die Verbrennung wird dann unter Umständen erst postoperativ entdeckt.
Das Ausmaß exogener Verbrennungen steht meistens in keinem Verhältnis zur Intensität der verwendeten
HF-Leistung. So können bis zu handgroße Verbrennung zweiten bis dritten Grades entstehen, bei z.B.
nur sekundenschnellen HF-Eingriffen mit unter 50 Watt Leistung.
BITTE BEACHTEN: Sind keine brennbaren oder gar explosiblen Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten im
Operationsfeld? Vorsicht bei zündfähigen Anästhesiemitteln!
Hin und wieder werden postoperativ mehr oder weniger große Nekrosen am Patienten beobachtet, die
primär als Verbrennungsnekrosen gedeutet werden, für die aber weder endogene noch exogene Ursachen
nachgewiesen werden können.
Endogene Ursachen können mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden, wenn der Patient während der
Operation an der Stelle, an der die Nekrose entstanden ist, keinen Kontakt zu elektrisch leitfähigen
Gegenständen inklusive feuchten Tüchern etc. hatte.
Exogene Ursachen können hier sicher ausgeschlossen werden, wenn vor und während der Operation keinerlei
brennbare Mittel am, bzw. in der Nähe des Patienten vorhanden waren.
Differentialdiagnostisch können diese sog. Pseudo-Verbrennungen z.B. folgende Ursachen haben:
Insbesondere während länger dauernden Operationen können Gewebequetschungen zu Drucknekrosen führen.
So wurden nach Herzoperationen, bei denen der Patient hypothermiert wurde, großflächige Gewebenekrosen
entdeckt, die primär als endogene Verbrennungen diagnostiziert wurden. Eingehende Prüfungen der Ursache
dieser als Verbrennung deklarierten Nekrose durch den Hersteller des HF - Chirurgiegerätes, des technischen
Personals des Krankenhauses, des Technischen Überwachungsvereins (TÜV) und des Operationsteams ergaben keine
physikalisch begründeten Erklärungen. Erst als der Verdacht auf Drucknekrosen differentialdiagnostisch
näher untersucht wurde, konnten endogene und exogene Verbrennungsursachen eindeutig ausgeschlossen werden.
Quetschungen der Haut durch Gummibänder, mit denen die neutrale Elektrode am Patienten befestigt wird,
oder durch Kontaktklammern auf die der Körper des Patienten während der Operation drückt und die Nekrosen
verursachen, werden postoperativ leicht als Verbrennungen fehldiagnostiziert, weil an diesen Berührungsstellen
des Patienten mit o.g. Teilen auch endogene Verbrennungsursachen entstehen könnten.
Verbrennungen während der Anwendung der Hochfrequenzchirurgie können nur entstehen, wenn die Ursachen hierfür vorhanden sind. Verbrennungen können sicher vermieden werden, wenn das Operationsteam deren Ursachen kennt und sowohl vor als auch während der Operation beseitigt.
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